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Street Art in New York: Allgegenwärtig

Bei einem Bummel durch die Straßen von New York begegnen sie Dir überall: Graffiti, geschmiedete Namenszüge, an signifikanten Stellen zerfetzte Poster – Street Art, also Straßenkunst, die nicht in Galerien oder Museen stattfindet und nicht in einem Atelier entsteht, sondern direkt auf den Wänden, Brücken und Containern der Stadt.

Die ganze Stadt ist die Leinwand und der Eintritt ist frei!

Der Bezug zur Umgebung ist ein sehr direkter, denn abgehoben ist Street Art nicht. Sie sucht den Kontakt zum Betrachter, will diesen zum Nachdenken anregen oder zum Lachen bringen. Wer die Augen offen hält, entdeckt unendlich viele Beispiele von riesigen besprayten Flächen bis zu winzigen Stickers. Die ganze Stadt ist die Leinwand und der Eintritt ist frei!

Poster Boy

Straßenkunst findet man heute in allen großen Metropolen von London über Paris bis Buenos Aires, doch ist sie nirgendwo so verwurzelt wie in New York, einer Stadt, in der Kunst zum Alltag gehört. In der U-Bahn diskutieren Menschen die neuesten Werke von Poster Boy, einem Künstler, der an U-Bahn-Stationen Werbeplakate mit Rasierklingen in Anti-Werbung verwandelt. Der 29-jährige Henry Matyjewicz schneidet Stücke der Poster heraus und klebt sie an einer anderen Stelle wieder an, wodurch er die ursprüngliche Botschaft verwandelt und oft ins Gegenteil verkehrt.post-it-police-station

Der Werdegang von Matyjewicz ist typisch: Er wuchs in einer ärmlichen Gegend von Connecticut bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, fiel als Teenager durch Vandalismus auf und begann schließlich, sich für die politischen Theorien von Noam Chomsky und George Orwell zu interessieren. Mit seinen Anti-Werbeplakaten protestiert er gegen die Konsumgesellschaft und hält ihr den unschönen, von seiner Rasierklinge zerschnittenen Spiegel vor. Sein dekonstruktivistischer Ansatz hat viele Nachahmer gefunden und es besteht eine gute Chance, Werke von Poster Boy oder von ihm inspirierten Gruppen in der New Yorker U-Bahn zu entdecken. Subversiv und anarchistisch, dazu am Rande der Legalität – dies sind klassische Merkmale von Street Art.

Street Art Künstler sind urbane Rebellen

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Wer sich einen guten Namen in der Szene machen will, ist bereits unzählige Male von der Polizei verhaftet worden. Street Art Künstler sind urbane Rebellen, die mit Spraydosen, Schablonen und Kleber gegen das Establishment losziehen, dessen Schwachstellen aufzeigen und sich gegen Rassismus, soziale Ungerechtigkeit und die Zerstörung der Umwelt zur Wehr setzen. Doch von „Gutmenschen“ sind sie weit entfernt – ihre Form der Revolution bleibt immer eine Rebellion der Underdogs. Gerade aus diesem Grund können sich auch Jugendliche aus weniger begüterten Verhältnissen mit Street Art identifizieren.

Das Centre-fuge Projekt

Junge Menschen, die aus einem von Gang-Kriminalität und Drogen geprägten Umfeld kommen, haben die Chance, beim Centre-fuge Project die vorhandene Energie in Kunst umzusetzen. Auf der East First Street in der Bowery zwischen China Town und Little Italy in Manhattan befinden sich Container, die von der Stadt zur Verfügung gestellt wurden und die in authentischen Block Partys immer wieder neu gestaltet werden. Sehr oldschool und sehr nahe an der Bevölkerung – wer echte Straßenkunst im Entstehen erleben möchte, sollte unbedingt vorbeischauen. Die Termine für die sechsmal jährlich stattfindenden Block Partys werden im Internet angekündigt.

Die Bowery: Hier blüht die Straßenkunst

Die Bowery ist eines jener Viertel von New York, in denen die Straßenkunst blüht. Ein ebenfalls legalisiertes Projekt ist die Tony Goldman Wall an der Ecke Bowery/Houston Street. Es war Keith Haring im Jahr 1982, der erstmals dieses graue Stück Beton entdeckte und mit einem bis heute bestehenden Wandgemälde ein Kunstwerk schuf, das noch immer zu den Highlights von New York zählt. Man erkennt sofort den Stil des heute bereits zum Kunstkanon zählenden Haring: grafische Männchen und große Flächen in poppigem Gelb, Pink, Orange und Grün.street-art-new-york

Der 2012 verstorbene Baumagnat und Kunstmäzen Tony Goldman stiftete den Rest der Wand und die Künstler reißen sich seitdem darum, sich hier verewigen zu dürfen. Eine der Letzten, die Hand anlegen durfte, war die Japanerin Aiko, die zu nächtlicher Stunde mit ihren in Handarbeit vorgefertigten Schablonen sexy-verspielte Bilder schuf. Auch ihre Werke werden nach einiger Zeit wieder verschwinden, denn die Natur von Straßenkunst ist vergänglich.

New-York-Street-Art-Rundgang

Die Kurzlebigkeit dieser Ausdrucksform macht natürlich auch einen Teil des Reizes aus – es ist unmöglich, eine allgemein-gültige Tour zu Street-Art-Kunstwerken vorzuschlagen, denn die Route müsste sich ständig ändern. Nicht fehlen auf einem Rundgang dürfen jedenfalls die Viertel SoHo, Chelsea und die Lower East Side in Manhattan und Williamsburg oder Dumbo in Brooklyn. Vor allem die Brücken und Container in der Nähe des Hafenbeckens sind einen Spaziergang wert.

Wer nicht allein losziehen möchte, kann auch eine Tour mit professionellen Guides buchen. New York hat eine lebendige Szene für Touren aller Art und es gibt gute geführte Spaziergänge zum Beispiel durch Williamsburg. Hier kann man auch spezielle Wünsche äußern und je nach Interesse wird der zweistündige Walk angepasst.

Fixe Hotspots in Chelsea

Einige fixe Hotspots für Street Art findest Du in Chelsea. Das Viertel in Manhattan ist seit einigen Jahren eines der Kunstzentren New Yorks und vor allem der High Line Park auf der stillgelegten Hochbahntrasse der ehemaligen West Side Line ist eine tolle Adresse. Auf dem zuvor unbenutzten Dach eines Gebäudes entstand der High Line Zoo aus schwarz-weißen zweidimensionalen Tieren des Künstlers Jordan Betten in Zusammenarbeit mit Sun Bae und Stuart Braunstein. Ein Besuch lohnt sich besonders nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Tiere neongrell fluoreszieren. Einmal im Monat findet eine kultige Dance-Party statt.

Ebenfalls an der High Line in der Nähe der 29th Street ist ein Beispiel des Inside Out Projects des französischen Künstlers JR zu bestaunen: Auf seiner Website kann jedermann sein Foto hochladen, das in ein riesiges Poster verwandelt wird. An der High Line hängt das Porträt von Brandon Many Ribs, einem Angehörigen der Dakota. Der Gesichtsausdruck des Jungen ist mehrdeutig und lässt Spielraum für eigene Interpretationen.

Street Art: Der Weg ins Establishment

Die Verknüpfung über das Internet ist heute typisch: Während Künstler in den 1980er Jahren sich nur über ihre Tags genannten Kürzel oder Symbole einen Namen machten, die immer wieder auf der Straße auftauchten, haben heute viele Street Artists eigene Internetseiten, wo Aktionen angekündigt werden.

bemaltes-Haus-New-YorkWährend das Gros der Sprayer sich noch immer mit wenig künstlerischen Jobs über Wasser halten muss, haben es manche von ihnen ins Establishment geschafft und werden heute in Büchern und Galerien vorgestellt. Judith Supine zum Beispiel hat es sogar auf den Laufsteg der Pariser Modewoche geschafft: Der indische Designer Manish Arora fand soviel Gefallen an den giftgrünen Frauengesichtern des enigmatischen Supine, dass er diese auf seinen Kleidern verewigte. Supine bezeichnet sich selbst als Elster: Er klaut Einflüsse aus Kunstbänden und Modemagazinen und rekonstruiert diese in seinen psychedelisch wirkenden Collagen.

Doch auch wenn viele Street Artists heute nicht mehr nur heimlich und illegal arbeiten, sondern sich auf von der Stadt oder von Sponsoren zur Verfügung gestellten Plätzen oder Wänden austoben, ist Straßenkunst doch noch immer eine Kunstform der Basis, die nur in direkter Kommunikation mit dem Betrachter funktioniert und im öffentlichen Raum stattfindet. Lass Dich darauf ein und entdecke Deine persönlichen Lieblingsecken und -künstler in New York, der Stadt, in der auch in der Street Art Trends gesetzt werden.

Von TravelWorks-Team

Für das Team von TravelWorks heißt Reisen mehr als nur Tourist sein: Nicht auf der Oberfläche schwimmen, sondern ins Geschehen eintauchen. Wir sind selber mehrere Jahre im Ausland gereist und geben unsere Erfahrungen gerne aus erster Hand an Euch weiter. Daher versorgen wir Euch hier mit spannenden Artikeln sowie hilfreichen Informationen zur Vor- und Nachbereitung Eures Auslandsaufenthaltes und verhelfen Euch so zu einem unvergesslichen Abenteuer.

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