Was mich sofort positiv überraschte war, dass überall Palmen stehen und der Gesamteindruck sehr grün ist, wohingegen ich in meiner (zugegeben etwas naiven) Wildwestvorstellung doch eher tumbleweed und Prairie erwartet hatte.
Ein Gefühl was mich vom ersten bis zum letzten Tag begleitete setzte direkt ein: Ist man, so wie ich, affin zur US-Medienindustrie und ihren Produktionen (Filme, Serien etc.), fühlt man sich, ist man dann mal wirklich länger in den USA, konstant wie in einem Kinofilm. Überall die Klischeehäuser, dort der ein Cheerleader, hier ein Mann der am Flughafen mit Cowboystiefeln, Cowboyhut und star sprangled banner Halstuch herumläuft. Die Erkenntnis dass "US-Klischee-Filme" für Amerikaner einfach nur korrekte Darstellungen ihres alltäglichen Lebens darstellen (natürlich etwas aufpoliert), war für mich "eye opening.
Am ersten Arbeitstag dann die zweite dicke Überraschung: Mein Praktikumsprojekt wird nicht in Alabama sein, nicht in den Südstaaten, sondern im knapp 2000km entfernten New Jersey, 30min von New York entfernt. New York rief also, und ich erhörte den Ruf des großen Apfels. Fortan wurde ich nahezu konstant alle 3 Wochen auf Reisen geschickt um mein Projekt voran zu bringen und dann wieder nach Alabama zurückzukehren um die angefallenen Daten und die Büroarbeit dann zu bearbeiten. Die Umstellung von dem doch etwas bescheidenen Studentenleben zum Allinclusive-Businesstrip-Leben mit allen seinen Annehmlichkeiten war, um es gelinde auszudrücken, sehr angenehm. In meinem Projekt wurde mir zu meiner Überraschung und Freude sofort viel Verantwortung öbertragen. Ich plante wann der nächste Flug nach New Jersey ansteht, wie lange der Trip geht und wie das Projekt weiter geht. Das war zeitweise natürlich nicht nur Segen sondern auch mal Fluch. Fragen ob man auch alles richtig macht und man der Verantwortung gerecht wird können einen dann doch auch mal einen Abend verregnen, ins besondere wenn man so einen hohen Anspruch an sich selbst hat wie ich. Doch wenn ich mal nicht mehr weiter wusste, konnte ich meine Betreuer und Kollegen immer um Hilfe bitten und bin nie auf taube Ohren gestoßen. Einer der stärksten Eindrücke die mir in Erinnerung bleiben werden ist die unheimlich angenehme Arbeitsatmosphäre in den USA: Die gesamte Kommunikation ist deutlich entspannter als in Deutschland. Einen lockeren Spruch oder gar einen Witz gibt es auch mal zu Begrüßung von Kollegen die man gerade erst kennenlernt (was meiner Art sehr entgegen kommt). Die Bereitschaft neue Kollegen (in diesem Fall mich) zu integrieren und auch privat abends nach der Arbeit mal etwas zu unternehmen ist enorm. So kam es dann auch dazu dass ein Kollege in Alabama mich und einige Kollege mit auf den Schießstand nahm. In Deutschland etwas Undenkbares, in Alabama beliebtes Ziel für einen wochenendlichen Ausflug. Die Nähe von Alabama zu Florida ist spürbar (in einer Stunde ist man mit dem Auto an den Traumstränden von Pensacola, FL) und hilfreich wenn man wie ich einen über 3000km langen Roadtrip hindurch absolvieren möchte. Miami, Key West, Tampa, Cape Canaveral, alles tolle Reiseziele die ich innerhalb einer Urlaubwoche noch während meines Praktikums sehen und erleben durfte.
Im Kontrast dazu verbrachte ich aber eben auch die andere Hälfte meiner Zeit in New Jersey, so dass wochenendliche Besuche von New York natürlich Pflicht waren. Die Barszene in NYC, in der ich mich vornehmlich aufhielt ist phänomenal (aber auch phänomenal teuer). Jede Bar hat etwas Besonderes, die eine findet man nicht ohne Hilfe da sich der Eingang neben der Toilette hinter einer sehr dubiosen Tür in einem Fastfood Restaurant befindet, die andere lässt seine Gäste nach eingenommenem Drink ihre eigene Zuckerwatte drehen und verspeisen. An sich ist New York natürlich eine Wahnsinnsstadt, aber eben auch eine Stadt des Wahnsinns. Man trifft viele modisch verrückte Leute und noch mehr wirklich verrückte Leute die einem freimütig die wildesten Geschichten erzählen. Der Fakt, dass (Vorsicht Klischeealarm) diese Stadt niemals schläft, färbt auch auf einen selbst ab. Mit der Zeit kommt man nicht mehr wirklich zur Ruhe, da man ständig das Gefühl hat, dass an einer anderen Ecke der Stadt gerade in diesem Moment vermutlich noch ein cooleres Event stattfindet als dieser, vom Selbstverständnis her, schon sehr, sehr coole Underground Flohmarkt in Brooklyn auf dem man gerade die selbsternannte Hip-Society von NYC beim sonntäglichen Instagramen beobachtet und dabei handgeklöppeltes fusion food samt organic chopsticks und Colorado draft beer aus dem mega hippen, nur Langbartträger beschäftigenden Food-Truck-Startup-Tuck gereicht bekommt (true story). Doch alles in allem war die Zeit in New York und Umgebung (samt Washington D.C Abstecher) der Hammer und eine unvergessliche Erfahrung mit vielen irrsinnigen aber auch ungemein bereichernden Begegnungen. Nachdem ich mein Projekt dann nach 6 Monaten harter Arbeit zur vollsten Zufriedenheit aller abgeschlossen hatte, hieß es Abschied nehmen, und das mit "Goodbye Barbecue" im Kreise der liebgewonnenen Kollegen. Anschließend ging es dann für mich noch für 3 Wochen auf Reisen durch die USA. Als ehemaliger Skirennfahrer ließ ich es mir nicht nehmen in den Rocky Mountains in Colorado Ski fahren zu gehen. Trotz der horrenden Preise um dieses Unterfangen zu realisieren muss ich sagen, dass ich nie irgendwo schöneres und besseres Ski gefahren bin! Das Motto von Vail "like no where on earth" ist, zumindest für mich, absolut treffend. Nach kurzem Zwischenstopp in Denver (eine überraschend schöne und entspannte Stadt) ging es für mich noch in die SinCity, Las Vegas, wo ich Geld am Pokertisch, selbstverständlich unverschuldet "aus Pech", verlor aber nochmals viele neue Impressionen gewann. Danach machte ich Halt in San Diego zum Surfen. San Diego war für mich mit Abstand die schönste Stadt die ich in meiner Zeit in den USA bereisen durfte. Keine riesigen Wolkenkratzer wie in New York, Palmen wie in Florida und schöne, extrem entspannte Menschen wie in, nun ja, Kalifornien eben. Danach war als finale grande noch Los Angeles an der Reihe. Die Stadt der Engel zeigte sich mir mit viel Licht und Schatten. Nie habe ich mich unsicherer gefühlt als in Downtown LA's Straßen abends durch eine Gasse zu gehen und gefühlt 100 Augenpaare auf mir zu spüren. Aber nie habe ich eben auch eine schönere Wohngegend gesehen als die bezaubernden Hügel von Malibu. Zusammenfassend kann man über diesen Trip, mein Praktikum und die ganze Zeit in den USA, das Land und die Menschen nur Eines sagen: Das waren die besten, aufregendsten und lehrreichsten 7 Monate meines Lebens. Ich möchte TravelWorks dafür herzlich danken dass sie mich in diesem Abenteuer mit ihrem Stipendium unterstützt zu haben.